Dienstag, 27. Juni 2017

Wenn der SozPäd dreimal klingelt. Oder: Wieviel Besuche der Erziehungshilfe muss man eigentlich dulden?



Ein Kind zu erziehen, das ist nach Art. 6 Grundgesetz das alleinige Recht der Eltern, und der Staat darf sich nur in Ausnahmefällen als Wächter einmischen. Dreimal wöchentlich Besuch vom Sozialpädagogen zu erhalten, stellt insoweit natürlich bereits einen erheblichen Eingriff dar. Trotzdem müssen Eltern diesen Eingriff dulden, wenn sie - wie der Sachverständige festgestellt hat - nachfolgend eingeschränkt erziehungsfähig sind:
"Aus dem im Vorverfahreneingeholten Sachverständigengutachten ergeben sich erhebliche Defizite der Kindesmutter in ihrer Erziehungsfähigkeit. Diese verfügt nur über wenig persönliche und soziale Ressourcen zur individuellen Förderung des Kindes und benötigt daher fremde Hilfe, um diese Dinge zu erlernen, zu entwickeln und dauerhaft zu etablieren. Des Weiteren ist die Kindesmutter nur von unterdurchschnittlicher Intelligenz. Hierdurch wird es ihr ohne fremde Hilfe schwer fallen, in einer analytischen Betrachtungsweise Verständnis für kindspezifische Erziehungs- und Förderungsproblematiken zu entwickeln und adäquat zu handeln. Beispielhaft zu nennen sind die von der sozialpädagogischen Familienhilfe angesprochenen negativen Auswirkungen eines übermäßigen Fernsehkonsums für ein Kind als Ersatz für ein interaktives Beschäftigen der Eltern mit dem Kind.

Der Kindesvater wiederum weist ein erhöhtes Aggressionspotential verbunden mit fehlender Geduld auf. Dies kann sich in Stresssituationen - wie sie in der Kindererziehung immer wieder vorkommen - schnell kindeswohlschädlich auswirken.

Die sich hieraus ergebenden Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung erfordern derzeit noch eine konstante und regelmäßige sowie von einer eigenen Initiative der Kindeseltern unabhängige staatlichen Kontrolle. "

OLG Koblenz, Beschluss vom 12.09.2016 - Aktenzeichen 13 UF 360/16 =
BeckRS 2016, 117667