Freitag, 16. Juni 2017

BGH nochmals: Eine Frist, die schon abgelaufen ist, kann leider nicht mehr verlängert werden.

Die Sache lief aber auch wirklich dumm: In einer Scheidungsfolgesachen hatte das Gericht die Anträge (es handelte sich um ein Hausratsverfahren) zurückgewiesen. Gegen den Beschluss hatte der Anwalt fristgerecht Beschwerde eingelegt. Einen Monat später, am Tage des Ablaufs der Begründungsfrist reichte seine Büroleiterin, eine Rechtsfachwirtin einen von ihr unterzeichneten Schriftsatz beim OLG ein, mit dem sie um Fristverlängerung bat.
Das OLG wies darauf hin, dass eine Rechtsfachwirtin keine Anwältin sei und auch für Fristverlängerungsanträge beim OLG Anwaltszwang bestehe. Daraufhin reichte der Anwalt drei Tage später einen identischen Schriftsatz ein. Der Senatsvorsitzende am OLG genehmigte dann die Fristverlängerung.

Und dann reichte die Zeit leider immer noch nicht, weshalb der Kollege um weitere Fristverlängerung bat. Daraufhin sah sich das OLG die Sache richtig an und kam zu dem Ergebnis, schon beim ersten Mal sei die Begründungsfrist nicht wirksam verlängert worden. Ein wirksamer Antrag auf Verlängerung sei erst nach Ablauf der Frist eingegangen und hätte nicht mehr genehmigt werden dürfen.

Die Beschwerde zum BGH verlief erfolglos. Der BGH urteilte: Zwar sei bei der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam sei, in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abzustellen. Derjenige, dem die Frist verlängert wurde, darf also grundsätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung auch wirksam und die Frist also wirksam verlängert ist. Allerdings ergeben sich laut BGH die Grenzen dieses Vertrauens aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit (Hinweis auf BGH NJW-RR 2016,1529 Rn 14 mwN.)
Der BGH unterscheidet:
Wird ein Fristverlängerungsantrag noch innerhalb der Frist, jedoch verfahrensrechtlich unwirksam gestellt (Beispiele:BGH, NJW 2004, Seite 1460 mwN und NJW-RR 1999, Seite 286, 287; DStR 2015, 2428 = DB 2015, Seite 2553 Rn. 17 mwN), kann die Fristverlängerung vom Gericht genehmigt werden und ist wirksam.
Wird der Antrag jedoch erst gestellt, wenn die Frist abgelaufen ist, kann er nicht mehr positiv beschieden werden, auch wenn der Antrag an sich verfahrensrechtlich korrekt war.
Eine verstrichene Frist ist unabhängig von irgendwelchen Vertrauensgrundsätzen keiner Verlängerung zugänglich.

Hart, heftig aber konsequent.

BGH, Beschluss vom 29.3.2017 – XII ZB 576/16 = NJW-RR 2017, 577