Dienstag, 20. Juni 2017

BGH: Ist die Scheidung erstmal rechtskräfitg, gibt's vom Ex keinen Verfahrenskostenvorschuss mehr.


Die Scheidung des Ehepaars zog sich ein klein wenig hin - genauer gesagt: acht Jahre. Dann hatte nicht nur der Antragsteller, sondern auch das Amtsgericht genug: Es trennte die noch nicht entschiedene Folgesache Zugewinnausgleich ab und sprach die Scheidung aus. Das Zugewinnausgleichsverfahren wurde anschließend als selbständige Folgesache weitergeführt. Nach Rechtskraft der Scheidung wurde in dieser selbständigen Folgesache ein Gutachten notwendig, für das ein Vorschuss von Euro 10.000,00 einzuzahlen war. Die zahlungspflichtige Ehefrau stellte Antrag, Ihrem Mann einen entsprechenden Verfahrenskostenvorschuss aufzuerlegen.

Damit kann Sie nicht durch. Der Verfahrenskostenvorschuss ist in § 1360a Abs. 4 BGB geregelt. Nach der Systematik des Gesetzes gehört er also mit zu den "Wirkungen der Ehe im Allgemeinen". Der Logik folgend kann - von im Gesetz festgehaltenen Ausnahmen abgesehen - eine eher Wirkungen nur entfalten, solange sie noch besteht. Sind die Eheleute also rechtskräftig geschieden, ist es vorbei mit den Wirkungen der Ehe - und damit auch logischerweise mit dem Verfahrenskostenvorschuss nach § 1360a Abs 4 BGB.

Und genau so urteilt der BGH:

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet ein geschiedener Ehegatte seinem früheren Ehegatten keinen Verfahrenskostenvorschuss. Zwar umfasst das Maß des Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach § 1578 BGB - ebenso wie im Fall des Familienunterhalts nach § 1360 a Abs. 1 BGB - grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf. Gleichwohl ist dem Ehegatten in § 1360 a Abs. 4 BGB ausdrücklich ein über diesen allgemeinen Lebensbedarf hinausgehender Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses zugebilligt worden. Diese Regelung ist indessen nach ihrem Wortlaut auf den Familienunterhalt - und durch die Bezugnahme in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auf den Trennungsunterhalt - beschränkt. Für den nachehelichen Unterhalt ist § 1360 a Abs. 4 BGB auch nicht entsprechend anwendbar, weil diese unterhaltsrechtliche Beziehung nicht in gleichem Umfang Ausdruck einer besonderen Verantwortung des Verpflichteten für den Berechtigten ist, die derjenigen von Ehegatten vergleichbar ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. November 2009 - XII ZB 46/09 - FamRZ 2010, 189 Rn. 8 und vom 23. März 2005 - XII ZB 13/05 - FamRZ 2005, 883, 885 sowie Senatsurteil BGHZ 89, 33, 11 39 f. = FamRZ 1984, 148 f. aA [für abgetrennte Folgesachen]: beck-online. Großkommentar/Preisner [Stand: 1. April 2017] § 1360 a Rn. 212; Palandt/ Brudermüller BGB 76. Aufl. § 1360 a Rn. 10).
(BGH Beschl. v. 12.4.2017 – XII ZB 254/16, BeckRS 2017, 109441, beck-online).

Eine kleine Hintertür lässt der BGH jedoch offen:

Ob eine Vorschusspflicht für eine im Verbund anhängig gemachte Folgesache auch nach deren Abtrennung und nach Rechtskraft der Scheidung fortbestehen kann, wenn zuvor rechtzeitig ein entsprechender Antrag gestellt wurde und der Berechtigte damit alles zur Verwirklichung seines Anspruchs getan hat (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 431 zur Weiterverfolgung des Vorschussanspruchs im Unterhaltsrechtstreit des Kindes gegen den Vater nach Beendigung der Instanz; OLG Frankfurt FamRZ 1993, 1465) oder wenn der Verpflichtete sich hinsichtlich des Vorschusses in Verzug befand (vgl. dazu OLG Frankfurt MDR 2005, 590 f. mwN), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Mit anderen Worten: Wäre der Vorschuss vom Gericht noch vor Rechtskraft der Scheidung verlangt worden, könnte man auch über einen Verfahrenskostenvorschuss reden.



BGH Beschl. v. 12.4.2017 – XII ZB 254/16, BeckRS 2017, 109441