Sonntag, 6. November 2016

OLG Zweibrücken: Auch Prostituierte haben bei Scheidung Anspruch auf Versorgungsausgleich

Die Ehefrau die Ehefrau begehrt die Scheidung und in deren Rahmen die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Sie hat während der Ehe als selbständige Prostituierte gearbeitet und demzufolge keine Altersvorsorgeansprüche angesammelt.

Der Ehemann hält die Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß § 27 VersAusglG für unbillig. Begründung: Seine Frau habe sich nicht im erforderlichen Umfang um die beiden gemeinsamen Kinder gekümmert, habe nur unregelmäßig zum Familienunterhalt beigetragen und auch keine angemessene eigene Altersversorgung aufgebaut. Sie habe Gelder nach Thailand transferiert, wo sie über ein Haus verfüge, durch das sie im erforderlichen Maße abgesichert sei. Er selbst sei mit einem Grad der Behinderung von 50 % an Diabetes mellitus erkrankt, so dass nicht sicher sei, ob er überhaupt bis zur Regelaltersgrenze werde arbeiten können.

Dem folgt das OLG Zweibrücken nicht. Es hält fest:

Gemäß § 27 VersAusglG findet der Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dabei gilt ein strenger Maßstab. Eine grobe Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des Falls dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspräche (stRspr, vgl. etwa BGH, NJW-RR 2012, 323; NJW-RR 2016, 321 mwN).
Dies ist hier nicht der Fall. ...
Allein die Tatsache, dass die Ast. der Prostitution nachgegangen ist, rechtfertigt die Anwendung des § 27 VersAusglG nicht. Denkbar wäre dies allenfalls dann, wenn es ohne Kenntnis und ohne Einverständnis des Ag. geschehen und dadurch die eheliche Treuepflicht nachhaltig und in besonders kränkender Weise verletzt worden wäre (vgl. dazu OLG Bremen, NJW 2009, 3172). So liegen die Dinge im hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht. Dem Ag. war die sich über Jahre hinweg erstreckende Tätigkeit der Ast. bekannt. Zwar behauptet er, er sei damit nicht einverstanden gewesen und habe das Verhalten der Ast. nur deshalb hingenommen, weil er sich nicht zu helfen gewusst habe. Allein daraus ergibt aber keine Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs. Dem steht entgegen, dass der Ag. sich auch nach seinem eigenen Vorbringen jedenfalls über Jahre hinweg auf das Verhalten der Ast. eingerichtet hatte. Es kann deshalb dahinstehen, ob seine von der Ast. bestrittene Behauptung, er habe sein Einverständnis verweigert, überhaupt zutrifft und ob nicht gerade auch der Umstand, dass er dem Scheidungsantrag zunächst entgegengetreten ist, gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spricht.
OLG Zweibrücken, 2 UF 5/16 = NJW 2016, 3314.