Freitag, 3. Mai 2013

Gemeinsames Sorgerecht trotz Kommunikationsstörungen

Das Bundesverfassungsgericht hatte festgestellt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht angeordnet oder aufrecht erhalten werden dürfe, wenn zwischen den Eltern keine ausreichende Kommunikation bestehe (zu den Details und zur weiteren Rechtsprechung Handbuch FAFam, Kap 4. Rz. 202)..

Dieses Urteil gab unwilligen Müttern die Möglichkeit, dem Vater die elterliche Sorge zu nehmen oder sie ihm zu verweigern, indem sie sich einfach weigerten, mit dem Vater zu reden. Die fehlende Kommunikation war dann der sichere Weg, an die alleinige Sorge zu kommen.

Diese Rechtsprechung wollten viele Amtsgerichte (darunter auch das Amtsgericht München) von Anfang an nicht folgen. Im Jahr 2011 erließ das OLG Hamm ein salomonisches Urteil dahingehend, dass es auf die Intelligenz beider Partner abhob, feststellte, dass zwar die Kommunikation auf der Paarebene nicht mehr möglich sei, gleichwohl aber von intelligenten Eltern erwartet werden könne, dass sie zum Wohle des Kindes auf der Sorgerechtsebene kommunizieren. Dadurch erhielt es dem Vater seinen Teil der elterlichen Sorge. Im Vordergrund müsse der Gedanke stehen, dass das Kind zu beiden Eltern Kontakt halten müsse und die gemeinsame Sorge hierzu besser geeignet sei als die alleinige Sorge (BGH vom 15.11.2007, Az. XII ZB 136/04 = FamRZ 2008, 251).

Ähnlich hat nun auch das Kammergericht (Beschluss vom 28. 11.2012, 18 UF 35/12 = FamRZ 2013, 635) entschieden. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass trotz der bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten die Eltern in der Lage sein, eine geeignete Kommunikationsbasis für ein gemeinsames Sorgerecht aufbauen zu können. Hierzu seien sie auch gehalten, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Kommunikationsprobleme der Eltern im Schwerpunkt allein auf die Mutter zurückzuführen seien, die sich im übrigen auch jeder weiteren Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und der Verfahrensbeiständin entziehe. Der Vater hingegen habe in der jüngeren Vergangenheit viel unternommen, um zur Mutter eine bessere Kommunikationsbasis aufzubauen. Dem Jugendamt gegenüber habe er nie ein schlechtes Wort über die Mutter geäußert; soweit ersichtlich habe auch er auch gegenüber dem Kind die Mutter nie schlecht gemacht. Demzufolge sei die Mutter hier gehalten, sich auf der Sorgerechts-Ebene um eine ordentliche Kommunikation zu bemühen.


Donnerstag, 2. Mai 2013

BGH: Erst für die Kinder sorgen, dann für's Alter

Wer minderjährige Kinder zu versorgen hat und so wenig verdient, dass er nicht einmal den Mindestunterhalt zusammenbringt, der muss nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (XII ZR 158/10 vom 30. Januar 2013 = FamRZ 2013,616) auf eine zusätzliche Altersversorgung und auch auf eine Zusatzkrankenversicherung verzichten.

Zwar steht fest, dass man durch die gesetzliche Rentenvorsorge eine angemessene Altersvorsorge nicht mehr erreichen kann (Rz. 16 des Urteils). Deshalb hält es der BGH auch grundsätzlich für angemessen, dass man zusätzlich zur gesetzlichen Altersvorsorge bis zu 4 % seines Gesamt-Bruttoeinkommens für eine zusätzliche private Altersvorsorge aufwendet (so erstmals schon BGH FamRZ 2005,1817,1821).
Davon macht er allerdings eine Ausnahme, wenn dieser zusätzliche finanzielle Aufwand dazu führt, dass die Leistungsfähigkeit für den Unterhalt soweit absinkt, dass einem minderjährigen Kind der Mindestunterhalt nicht mehr gezahlt werden kann. Vorrangige Verpflichtung der Eltern ist es, wenigstens das Existenzminimum des Kindes sicherzustellen. Hinter diese Verpflichtung müssen Bemühungen um eine angemessene Altersvorsorge zurückstehen.

Im Urteil selbst deutet der BGH aber an, dass es hierzu auch Ausnahmen geben kann, insbesondere dann, wenn die Altersvorsorge bereits abgeschlossen wurde, bevor es zu Unterhalts Verdichtung kam und wenn sie nicht stillgelegt werden kann, ohne dass hierdurch Ansprüche verloren gehen würden, und wenn der Unterhaltspflichtige ohne die zusätzliche Altersvorsorge im Alter sein Existenzminimum nicht decken kann ( Rz. 20 der Entscheidung).


Mittwoch, 1. Mai 2013

Geringfügige Ansprüche im Versorgungsausgleich? Viel Wenig macht nicht ein Viel!

Sind im Versorgungsausgleich mehrere Anrechte auszugleichen und haben einige davon nur einen geringfügigen Kapitalwert, überschreitet jedoch zugleich die Summe dieser geringfügigen Anrechte trotzdem den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG, führt das noch nicht zwingend dazu, dass wegen dieser Rechte ein Wertausgleich durchzuführen ist. Wenn jedes einzelne der Rechte unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt, hat der Richter immer noch ein Ermessen dahingehend, ob der Versorgungsausgleich durchgeführt werden muss oder nicht; im Rahmen der Sollvorschrift des § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG kann er hier auch zu dem Ergebnis kommen, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht erforderlich ist (Beschluss des OLG Frankfurt vom 11. Juni 2012,4 UF 94/12 = FamRZ 2013,551).