Freitag, 18. Januar 2013

Das "große Familiengericht" wird noch größer: Nun ist es auch für voreheliche Ansprüche zuständig.

Die Parteien heirateten 2005 und wurden 2011 wieder geschieden. Sie lebten bereits seit Anfang der 1990er Jahre zunächst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Im Jahr 1994 erwarben sie gemeinsam ein Drei-Familienhaus nebst Grundstück zu je hälftigem Eigentum. Die Ehefrau behauptet, insoweit wesentlich mehr der Erwerbs- und Renovierungskosten getragen zu haben als der Ehemann.Die Klägerin reichte  Zahlungsklage beim Familiengericht ein und verwies ausdrücklich auf den Zusammenhang der Sache mit der Scheidung.Das Familiengericht verwies die Sache an das Landgericht; der Streit sei vorehelich; es sei nicht zuständig. Das Landgericht Halle (Beschluss vom 09.01.2013 - 4 O 604/12 = Beck RS 2013, 00939) verwies mit folgender Begründung zurück:
"Es handelt sich um eine Familiensache. Denn es werden Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Parteien verfolgt, die im Zusammenhang mit der Scheidung stehen. Diese Bestimmung beschränkt die verfolgten Ansprüche ausdrücklich nicht auf solche aus der Ehezeit. Erforderlich ist nur der Zusammenhang mit der Scheidung. Dies ergibt sich nicht nur aus der Fassung des Gesetzes, sondern auch aus seinem Zweck möglichst alle Streitigkeiten zwischen den Eheleuten im Zusammenhang mit der Ehebeendigung bei dem Familiengericht zu konzentrieren.
Unzweifelhaft beruht der vorliegende Streit auf der Notwendigkeit der Trennung der Vermögensmassen, die mit der Scheidung einhergeht. Bei Fortbestand der Ehe würden die Parteien ersichtlich nicht danach trachten zu klären, wer wie viel zum gemeinsamen Haus beigetragen hat. Insoweit unterliegen selbst ausschließlich vor der Ehe im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgte Vermögensverschiebungen der Zuständigkeit des Familiengerichts gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG."
Wir berichteten erst letzte Woche von einem ähnlichen Fall.  Als Fachanwälte für Familienrecht können wir kein Interesse daran haben, dass unsere Familienrichter "absaufen". Wir müssen an geeigneter Stelle die immer stärker werdende Belastung der Richter thematisieren. Es braucht jetzt am Familiengericht einfach mehr Richterstellen!