Mittwoch, 7. März 2012

OLG Celle: Grundsätzlich haben Kinder auch im freiwilligen sozialen Jahr einen Kindesunterhaltsanspruch

Lange war die Rechtsprechung anderer Meinung: Ein freiwilliges soziales Jahr stellte keine angemessene Vorbildung zu einem Beruf dar, weshalb es während dieses Jahres auch keinen Kindesunterhalt gab. Seit 2008 ist das freiwillige soziale Jahr jedoch gesetzlich neu geregelt.
Zuvor war es ein schwerpunktmäßig praktischer Hilfsdienst. Nach der aktuellen gesetzlichen Regelung wird jetzt die Ausbildung in den Vordergrund gerückt. Das freiwillige soziale Jahr verfolgt nun das Ziel, soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken, § 3 JFDG. Nach dem Willen des Gesetzgebers werden neben beruflicher Orientierung und Arbeitserfahrung wichtige personale und soziale Kompetenzen erworben, die als Schlüsselkompetenzen auch die Arbeitsmarktchancen verbessern können (BT-Drucks. 16/6519, S.11).
Das veranlasste das OLG Celle, umzudenken. Nach der neuen gesetzlichen Regelung stelle das freiwillige soziale Jahr weniger eine praktische Hilfsleistung für Dritte dar als vielmehr eine allgemeine Ausbildung dar. Mithin gehöre es zum gradlinigen Verlauf einer Ausbildungskarriere, weshalb grundsätzlich auch während des freiwilligen sozialen Jahres Kindesunterhalt zu gewähren sei, äußerte das Gericht mit Beschluss vom 06.10.2011, Az.: 10 WF 300/11 = BeckRS 2011, 24574.

Wichtig! Diese Argumente können entsprechend auch auf den Bundesfreiwilligendienst angewandt werden. Auch bei diesem stehen nämlich pädagogische Gesichtspunkte im Vordergrund. Nach § 1 BFDG fördert der Bundesfreiwilligendienst "das lebenslange Lernen". Nach § 4 wird er pädgogisch begleitet "mit dem Ziel, soziale, ökologische, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken". nach § 4 III ff. BFDG besteht Seminarpflicht.
Zwar gibt es dazu noch keine einschlägige Rechtsprechung. Es kann aber jetzt mit gutem Gewissen argumentiert werden, dass auch neben den Bundesfreiwilligendienst Kindesunterhalt gefordert werden kann.

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