Montag, 28. November 2011

Vorsicht! Schriftliche Vergleiche vor Gericht ersetzen nicht die notarielle Form!

Wer sich vor Gericht z.B. über Scheidungsfolgen einigt und dabei Vereinbarungen trifft, die eigentlich der notariellen Form bedürfen, kann diese Form durch den den vom Gericht nach § 127 a BGB protokollierten Vergleich ersetzen.Das erfordert aber - siehe Wortlaut der Vorschrift -, dass man sich bei Gericht überhaupt sehen lässt. Wer sich darauf einlässt, die Vereinbarung nur durch Austausch von Schriftsätzen nach § 278 VI ZPO zustande zu bringen, der läuft Gefahr, die notwendige Form nicht eingehalten zu haben.
Oft kommt es vor, dass beim ersten Gerichtstermin die Parteien zur Frage der Scheidung angehört werden, beide ihr Einverständnis mit der Scheidung erklären, das Gericht aber die Scheidung noch nicht gleich ausspricht, weil weitere Folgesachen geklärt werden müssen.
Sind sie dann geklärt und beabsichtigen die Parteien, eine Vereinbarung z.B. über Unterhalt, Zugewinn etc. zu treffen, liegt es natürlich Nahe, einfach nach § 278 VI ZPO vorzugehen, Schriftsätze mit übereinstimmendem Vergleichsinhalt zu wechseln und den Vergleich durch Beschluss des Gerichts zustande zu bringen: Man erspart sich einen weiteren Weg zum Gericht.Das ist aber nicht ungefährlich, worauf RiBGH Dr. Geisler im Juris Praxis-Report 12/2011 auf S. 244 hinweist:

Nach dem Wortlaut des § 127 a BGB wird die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der ZPO errichtetes Protokoll ersetzt. Dabei sind die Vorschriften der §§ 159 ff. ZPO zu beachten - und das bedeutet nach der überwiegenden Rechtsprechung, dass dieses nach § 127 a BGB notwendige Protokoll in Anwesenheit beider Parteien erstellt werden muss. Diese Voraussetzungen erfüllt ein nach § 287 VI ZPO zustande gekommener Vergleich gerade nicht, so dass die überwiegende Rechtsprechung bei dieser Art Vergleich eben leider meint, er ersetze die notarielle Form nicht, vgl. OLG Düsseldorf, 3 Wx 137/06 = NJW-RR 2006, 1609, OLG Brandenburg, 10 UF 123/07 = FamRZ 2008, 1192, vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 278, Rz. 25 (dagegen das BAG, NJW 2007, 1831, das die Form gewahrt sieht).

Wer also Im Scheidungsverfahren (und auch sonst) vor Gericht Dinge vereinbaren will, die an sich der notariellen Form bedürfen, sollte sich zu seiner eigenen Sicherheit und zur Vermeidung einer Haftung noch einmal auf den Weg zum Gericht machen. Nur dann ist die Sache wirklich "in trockenen Tüchern".

(C) Foto: S.Hofschlaeger auf www.pixelio.de