Montag, 18. Juli 2011

BGH: Auch ein schockierendes Gutachten muss dem Betreuten - ggf. schonend unter Einschaltung eines Verfahrenspflegers- mitgeteilt werden.

Der Betreute litt an einem hirnorganischen Psychosyndrom als Folge einer Langzeitbeatmung. Das Amtsgericht musste über eine Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuerin auf die Gesundheitsfürsorge entscheiden und erholte ein Gutachten. Das Ergebnis gab es dem Betreuten nur mündlich und nur im Ergebnis bekannt,
weil es befürchtete, dass sich die Details des Gutachtens schädlich auf den Gesundheitszustand des Betreuten hätten auswirken können: Das paranoide Erleben des Betreuten sollte nicht verstärkt werden. Es stellte den Betreuten unter Gesundheitsfürsorge und zusätzlich unter Vermögensfürsorge mit Einwilligungsvorbehalt.

Auf die Beschwerde des Betreuten hin entschied der BGH, XII ZB 43/11 am 08.06.2001, dass auch bei Bestehen einer Gesundheitsgefahr einem Betreuten der Inhalt eines über ihm erstellten Gesundheitsgutachtens bekannt gegeben werden müsse. Geschehe das nicht, würden dem Gerichtsbeschluss Tatsachen zu Grunde gelegt, zu denen sich der Betroffene gar nicht äußern könne (mit anderen Worten: Es würde das rechtliche Gehör verletzt). Es müsse  ein Verfahrenspfleger bestellt, diesem das Gutachten übergeben werden und die Erwartung gerechtfertigt sein, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht (und ihm dessen Inhalt schonend beibringt).

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