Dienstag, 28. Juni 2011

Fluch und Segen des doppelten Fristenkalenders

In vielen Anwaltsbüros werden zwei Fristenkalender geführt, einer auf Papier und einer im Computer. Der PC-Kalender, weil extrem benutzerfreundlich und der Papierkalender "für alle Fälle". Der BGH hat jetzt entschieden, dass in der Akte eine Frist erst als „notiert“ gekennzeichnet werden darf, wenn sie in beiden Kalendern eingetragen ist. Es gewährte deshalb im folgenden Fall keine Wiedereinsetzung:

Die Kanzlei hatte sich eine Berufungsbegründungsfrist verlängern lassen. Die verlängerte Frist wurde im Papierkalender korrekt ( oder sogar vier Tage zu früh, zum  Sachverhalt vgl. die Kommentierung des Urteils in den aktuellen BRAK-Mitteilungen, S. 140), und im parallel geführten elektronischen Kalender versehentlich nicht eingetragen . In beiden Kalendern wurden Vorfristen notiert. Anschließend wurde in der Handakte die Frist als „notiert“ bezeichnet.

Am Tage des Fristablaufs wurde nur der elektronische Kalender überprüft, die Frist wurde nicht beachtet und damit war das Malheur geschehen.

Der BGH ( Beschluss vom 10.03.11, Az: VII ZB 37/10) hielt fest, dass bei Führung zweier Fristenkalender die Anweisung bestehen muss, dass der Erledigungsvermerk in der Handakte erst angebracht werden darf, wenn die Frist in beiden Kalendern eingetragen ist. Existiert diese Anweisung nicht, muss von einem Organisationsverschulden ausgegangen werden.

Die Entscheidung ist deshalb hart, weil hier eine überobligatorische Maßnahme zu einer Schlechterstellung führt, was normalerweise nicht der Fall sein sollte (vgl. BGH NJW 1995, 1682 oder NJW 2000, 3006). Hätte es in der Kanzlei nur einen, beispielsweise den elektronischen Fristenkalender gegeben und wäre die Eintragung dort aufgrund eines individuellen Versehens unterblieben, hätte der BGH Wiedereinsetzung gewähren können. Nur weil es zwei Kalender gab und keine Anweisung, wie mit Fristen im Hinblick auf beide Kalender zu verfahren sei, kam es hier zu einer Haftung.



(c) Foto Dieter Schütz auf www.pixelio.de